Wie Yoga deinen Körper ruinieren kann …

Wie Yoga deinen Körper ruinieren kann … und warum uns das bei Tai Chi/Qi Gong nicht passieren kann!

Danielle Levitts Artikel in der New York Times vom 8. Januar 2012 folgt jetzt der globale Aufschrei der Yogis und Yoginen. Provokant ist dieser Text nur insofern, als er den am stärksten boomenden Fitness-Trend angreift und die Erlösungsversprechen mit reellen Daten unterfüttert. Der Inhalt ist lange bekannt und jeder, der Yoga auch nur einmal ausprobiert hat, kann leicht sagen, welche Übungen für ihn gefährlich werden könnten.

Das Thema ist jedenfalls heiß. Dabei geht es weniger um Yoga als um die neuen Parameter der Fitnessbewegung. Jeder, der selbst mit Körperarbeit zu tun hat, weiß um die Gefahren selbst einfachster Übungen. Denn die neue Unbekannte und damit das Problem sind die Übenden. Noch vor 10 Jahren versammelten sich bei Kursen wie Yoga und auch Tai Chi eine überschaubare Zahl fast ausschließlich jüngerer, sportlicher Menschen. Heute ist Fitness ein gesellschaftliches Muss, wird von den Kassen bezuschusst und erlebt explodierende Teilnehmerzahlen. Menschen, die den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen, sehen die Notwendigkeit, sich körperlich zu betätigen, die Pensionierung setzt viel Zeit und Motivation frei, gesund zu bleiben, und nicht zuletzt wird körperliche Bewegung auch bei psychischen Problemen angeraten. Alles überaus positiv und aller Ehren wert! Doch diese Voraussetzungen in Einklang zu bringen mit den von den Medien angeheizten Vorstellungen und Erwartungen an Fitness und deren Ergebnisse ist schwierig.

Wer sich wenig bewegt, sollte auch bei Bewegungsübungen eine einfache Methode wählen. Wer Jahrzehnte nichts getan hat, beginnt am besten langsam. Wer die Psyche stabilisieren will, muss den Körper sehr vorsichtig aufbauen. Das alles ist unspektakulär, nicht party-tauglich und führt auch nicht in zwei Monaten zu einem Traumkörper. Dazu kommen Kommunikationsschwierigkeiten: Die Aufforderung des Kursleiters, die eigene Schmerzgrenze zu achten und lange vorher aufzuhören, bleibt oft ungehört bei dem inneren Lärm, den Gruppendruck, eigener Ehrgeiz und im besten Fall sogar Freude an den neuen Bewegungen machen. All dies kann leicht zur Überforderung der Teilnehmer führen.

Das kann uns bei Tai Chi und Qi Gong nicht passieren! Die Übungen sind über Jahrhunderte erprobt, auch besonders von kranken und älteren Menschen. Denn Tai Chi und Qi Gong wurde und wird in China als Zusatz zur Kräutermedizin empfohlen und praktiziert. Heute in Kliniken, früher überall, besonders natürlich in Gegenden ohne medizinische Versorgung. Die Übungen sind der Natur und den Tieren abgeschaut. Wer einmal seine Katze beobachtet hat, mit welcher Grazie sie sich bewegt, welche Geschmeidigkeit und Flexibilität in jeder Bewegung liegt, weiß: Tiere gehen überaus pfleglich mit ihrem Körper um! Oder das Nachgeben der Weide im Gegensatz zur starren Pinie: wir sind starr und bringen den Körper wieder in Bewegung durch sanftes Dehnen und Biegen.

Und so ist Tai Chi und Qi Gong eine Methode der Körperarbeit, die sehr effizient ist, was ihre Wirkung auf Muskeln, Sehnen, Bänder, den Atemrhythmus, den Kreislauf betrifft. Aber eben auch wirksam im Einüben des „Nicht-Arbeitens“ und einer gewissen Schlampigkeit. Natürlich kann auch Tai Chi und Qi Gong fanatisch machen: Aber auch nach 10 oder 20 Mal durchlaufen aller drei Teile des Yang-Stils wird es nicht gefährlich. Na ja, ein wenig Hochgefühl wird da schon aufkommen, wenn alles fehlerfrei abgelaufen ist: Freude über die Gedächtnisleistung, Freude darüber, wie harmonisch die Bewegungen sind und sich sogar das Schlagen nach einer Wespe oder Mücke nahtlos in den Übungsfluss einfügt.

Yoga war nie etwas für mich – um ehrlich zu sein: ich wollte mich nicht so plagen. Meine Guru-Allergie sprach außerdem dagegen: etwas für meinen Körper zu tun, hat für mich nichts Religiöses. Diese Mischung aus Bequemlichkeit und der Suche nach Körperübungen ohne Persilschein haben mich zu Tai Chi und Qi Gong geführt. Und zum Tao, dieser Philosophie, die auf einige grundsätzliche Überlegungen setzt und kaum Regeln aufstellt.

Dennoch: ich rate nicht von Yoga ab. Denn: Für den, der‘s mag, ist es das Höchste, sagen die Bayern in ihrer Toleranz und Weisheit, die mich schon wieder an den Taoismus erinnert. Und es ist immer noch schwierig, regelmäßige Bewegung in einen vollgestopften Arbeits- und Familientag hineinzupacken. Gratulation jedem, der das dauerhaft schafft. Und der frei genug ist, die Übungen zu genießen und aufzuhören, bevor es gefährlich wird.

In diesem Sinne: Bis bald bei Tai Chi – lasst es fließen!

 

Originalartikel „Wie Yoga deinen Körper ruinieren kann“, NYT, 8.1.2012:

http://www.nytimes.com/2012/01/08/magazine/how-yoga-can-wreck-your-body.html?pagewanted=2&_r=2&sq=yoga&st=cse&scp=2

Das Forum zum Artikel wurde überrannt und musste geschlossen werden.